Die erste Zeit in einem Unternehmen ist eine kritische Phase. Wie gelingt es, neue Mitarbeiter*innen gut einzubinden? Diese Frage war Thema bei einer meiner letzten Coachingsitzungen mit einer Teamleiterin, „Wie schaffe ich es, dem neuen Kollegen ein Gefühl des Willkommenseins zu vermitteln und wie kann ich ihn gut in das Team einbinden?“, lauteten ihre Fragen. Grund war das Feedback ihres neuen Teammitglieds, das sich in der Anfangszeit im Homeoffice alleine und nicht gut integriert gefühlt hatte. Und da neue Stellenbesetzungen anstehen, möchte sie in Zukunft bei dem Onboarding-Prozess strukturierter vorgehen.
War die Integration neuer Kollegen*innen in das Team schon vorher wichtig, so ist es heute in Zeichen von Corona und Homeoffice eine noch größere Herausforderung. In der Vor-Corona-Zeit scheiterte es oft an kleinen, vermeidbaren Dingen: Die Neue steht vor einem leeren Tisch, Online-Zugänge funktionieren nicht, die Einweisung ist miserabel vorbereitet und an der Tür pinnt noch das Namensschild der Vorgängerin. Gerade wenn die neue Mitarbeiterin vom Homeoffice aus startet sollte mit der Planung und Organisation nicht zu spät begonnen werden. Hardware wie Laptop, externe Kamera und Bildschirm(e), Headset usw. sollte rechtzeitig bestellt und zugestellt werden. Eine Liste mit den wichtigsten Ansprechpartnern und Kontaktmöglichkeiten liegt vor. Und ja, alle notwendigen Programme und Tools sind installiert und die Online-Zugänge zu den Collaboration Tools funktionieren. Klappt leider nicht immer.
Ein Jobwechsel ist immer auch mit Unsicherheiten verbunden. Klar, auf der einen Seite freut sich die neue Mitarbeiterin auf die kommende Aufgabe und die Kollegen. Auf der anderen Seite stellen sich ihr auch viele Fragen: Habe ich wirklich die richtige Entscheidung getroffen? Wie wird mein erster Tag sein? Was erwartet mich? Wissen die neuen Kollegen*innen überhaupt noch, dass ich nächste Woche anfange? Und wie steht das Unternehmen wirtschaftlich in der Pandemie da?
Bereits im Vorfeld können Sie als Führungskraft den Mitarbeiter*innen die Unsicherheit nehmen. Wie? Schicken Sie doch dem neuen Teammitglied schon eine Woche vor dem ersten Arbeitstag etwa eine kurze Nachricht nach dem Motto „Wir freuen uns auf Sie“ mit relevanten Informationen über den Ablauf der ersten Tage, über das Team sowie aktuelle Infos über das Unternehmen, gerade auch angesichts der aktuellen Krise. Bei meiner Tochter, die vor kurzem den Job wechselte kam dies sehr gut an. Alternativ können Sie auch zum Telefon greifen oder zu einer kurzen Videosession einladen.
Oder Sie und das Team schicken eine gemeinsame Videobotschaft. Sein Sie mit ihrem Team kreativ und sorgen Sie bei der neuen Mitarbeiterin für ein gutes Willkommensgefühl. Denn auch Ihr Team trägt Verantwortung, der Neuen den Einstieg so angenehm wie möglich zu gestalten.
Bedenken Sie bitte: Für Sie und das Team ist es ein normaler Arbeitstag. Für die Neue ist es ein besonderer, bedeutungsvoller Tag.
Die ersten Tage
Sein Sie auch hier kreativ und sorgen Sie gleich zu Beginn für ein Wohlfühlklima. Organisieren Sie für den ersten Tag eine virtuelle Begrüßungsveranstaltung und bringen Sie die neuen und alten Mitarbeiter*innen in Kontakt. Laden Sie zum Beispiel zum gemeinsamen (virtuellen) Frühstück ein. Dabei stellen sich auch die Teammitglieder vor. Was sind die jeweiligen Aufgaben? Wie lange sind sie im Betrieb? Welche Interessen und Hobbys haben sie? Wie ticken sie? Das Ganze ist natürlich keine Einbahnstraße. Auch die neue Kollegin sollte die Möglichkeit bekommen sich vorzustellen.
Halten Sie regelmäßig Kontakt zur neuen Mitarbeiterin. Führen Sie als Teamleiter*in nicht nur per E-Mail sondern auch telefonisch und per Videoschalte (gilt auch für alle anderen Führungsaufgaben). Wenn Sie denken es ist zu viel ist es wahrscheinlich gerade die richtige Dosierung. Holen Sie regelmäßig, am besten wöchentlich, Feedback von dem neuen Teammitglied ein und geben Sie auch ein klares und wertschätzendes Feedback zurück.
Auch bewährt: Stellen Sie der neuen Mitarbeiterin einen erfahrenen Buddy zur Verfügung, an den sie sich bei allen Fragen wenden kann. Doch Vorsicht: Dieser ersetzt nicht Ihre Aufgabe als direkte Führungskraft.
Übrigens: Das Gleiche gilt auch, wenn Mitarbeiter*innen, die nach längerer Krankheit, Elternzeit oder einem Sabbatical ins Team zurückkehren, oder aus einer anderen Abteilung zum Team dazu stoßen. Häufig wird dieser Teil des Onboardings bzw. Re-boardings unterschätzt oder als überflüssig betrachtet. Die Zeit bleibt aber in der Abwesenheit der Mitarbeiter*innen nicht stehen. Prozesse, Aufgabenverteilungen, Schnittstellenbesetzungen usw. ändern sich laufend, frühere Kollegen sind gegangen oder neue dazugekommen, die Führungskraft hat gewechselt.
Ein Gedanke zum Schluss: Sie investieren unheimlich viel Geld in die neuen Mitarbeiter*innen. Wie fatal ist es, wenn sie nach kurzer Zeit oder schon vor dem eigentlichen Arbeitsbeginn abspringen. Ein strukturiertes und gut geplantes Onboarding lohnt sich hier auf jeden Fall.
Wie organisieren Sie das Onbording im Homeoffice? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Ich freue mich über Ihre Kommentare, Anmerkungen und Tipps.
Schöne Grüße & stay safe
Holger Grossmann